CD Rezensionen » Honky Chateau

Erschienen: 19. Mai 1972 (UK), 26. Mai 1972 (USA)
Aufgenommen: Januar 1972, Frankreich, Chateau d´Hierosville
Genre: Piano Rock, Pop
Dauer: 45:13
Titel:
Honky Cat
Mellow
I Think I Gonna Kill Myself
Susie
Rocket Man
Salvation
Slave
Amy
Mona Lisas And Mad Hatters
Hercules
Bonus: Slave (alternate fast version)

Honky Chateau - Elton goes Pop
Nach dem etwas schwer verdaulichen, leicht düsteren und sehr orchestral gehaltenen Pianorock von Madman Across the Water, etschloss sich Elton John mit seinem klavierlastigen Honky Chateau seinen Sound etwas abzuspecken und popiger zu werden. Herausgekommen sind wunderbare, zum Teil auch humorvolle Songs, die nichts an Kraft eingebüßt haben und nicht flach oder kommerziell klingen. Bei diesem Album würde ich sogar so weit gehen und es als bestes Album überhaupt von ihm bezeichnen. Es schoss zwar in den USA auf Platz 1 und im Vereinigten Königreich auf Platz 2, ist aber heute für die nicht-hardcore Fans eine längst verschollene Perle in seinem umfangreichen Schaffen. Die zwei Singles Rocket Man und Honky Cat wurden zu Evergreens, die man auch öfters im Radio zu hören bekommt, den Rest kennt kein Schwein. Schade! Auch neuen Fans oder Leute, die einfach nur mal wissen wollen was Elton John früher so gemacht hat, kann ich neben Goodbye Yellow Brick Road und Captain Fantastic dieses Album ans Herz legen. Das Album strotzt nur so vor Spielfreude, warmen satten Sound und Kreativät, alles ehrliche, handgemachte Musik ohne viel technischen Schnickschnack, abgesehen von der elektrischen Violine.
Honky Cat: #####
Der erste Song und gleich der ganz große Wurf: Klavier, gerahmt von Band und Bläsern, das ganze im ungewöhnlichen Ragtime-Rhytmus. Dieser Song in funkiger New-Orleans Jazz Manier ist einfach nur mitreißent. Und das ganze langweilt mich nach dem 1000. mal hören immer noch nicht.

Mellow: #####
Eine wunderbare, gesanglich sehr anspruchsvolle Bluesballade, die eindeutig zum Klammerblues einläd. Das ganze beginnt mit einer schönen, leider etwas kurzen Klavierintro und auch der Rest des Songs bleibt die Band im Hintergrund. Im letzten Drittel kommt noch das quitschende Keyboard hinzu, das man auch hätte weglassen können. Ich mag erstens keine Keyboards und zweitens ist es einfach etwas nervig-

I Think I Gonna Kill Myself: #####
Ein Song über einen Teenager, der sich umbringen will, weil ihn seine Eltern nerven und er wissen will, wie die Leute darauf reagieren würden. Das Ganze ist natürlich nicht ganz ernst gemeint, ziemlich zynisch und mit einer verboten witzigen Melodie versehen. Auch wieder ein Ragtimer (synkopisch), viele Jazzeinflüsse, Honky Tonk Style und am Ende steppt "Legs" Larry Smith. Elton überschlägt sich fast am Klavier! Der blanke Wahnsinn!

Susie (Dramas): #####
Mein absoluter Darling auf diesem Album. Super Boogie-Fetzer. Die Musik baut sich zum Refrain hin auf und wird immer Vielschichtiger, auch durch die aufwenige Gestaltung der linken Hand und durch das Einsetzen von mehr Percussion, so dass ein schöner, gehaltvoller und warmer Klangteppisch entsteht. Schönes Gitarrensolo, übrigens.

Rocket Man: #####
Der wohl bekannteste Song des Albums und nach den zwei Fetzern wieder was ruhiges. Viel Synthis, akustische Gitarre und der schönste Refrain der 70er Jahre. Ohne Kitsch, trotzdem mit Wehmut und die Einsamkeit des Mannes kommt wunderbar raus.

Salvation: ####
Eine langsame, ja was ist das eigentlich? Country? Ballade, nicht schlecht, aber nicht beeidruckend und den Männergesangsverein hätte man sich auch sparen können. Das Ende ist aber sehr schön gestaltet und im großen und ganzen ist Salvation kein schlechter Song.

Slave: ####
Netter, langsamer Countrysong. Etwas langatimig aber das countrymäßige passt nicht schlecht auf das Album

Amy: ####
Etwas komisch und konfus, man muss es wirklich einige Male hören. Die elektrische Violine ist auch nicht jedermanns Sache. Ich persönlich hab ein halbes Jahr gebracht, um den Song zu mögen. Im letzten Viertel hab ich einen kleinen Schock bekommen, Elton klingt auf einmal viel direkter.

Mona Lisas And Mad Hatters: #####
Zum niederknien schöne Ballade über NYC. Ruhig, verträumt, einfach wunderbar. Man stelle sich einfach mal die leeren Straßen von New York vor und dann dieses Lied. Wunderbar!

Hercules: ####
Flotter Countrysong über Eltons zweiten Vornamen. Erwähneswert ist auf jeden Fall das Ende, da gehts noch mal richtig gut ab

Slave (Fast Version): #####
Super! Aus dem fast langweiligen Slave wird ein richtig guter Rocksong. Das Klavier überschlägt sich fast! Das ganze Endet mit einem schrägen Klavierakkord. Rumms! Und Honky Chateau ist aus. Wo war noch mal die Repeat-taste?

Ich persönlich habe zu Honky Chateau einen sehr starken Bezug. Es war mein erstes Album überhaupt, mein erstes Elton John Album und das erste Album meines Vaters. Was ein Zufall. Es hat mich schon überall hin begleitet. Honky Cat war neben Your Song somit der erste Song den ich bewusst gehört habe und geliebt habe, als ich Dads Very-Best-of Elton John aus dem Schrank gefischt habe.

PS: Danke für das Thema, Ralf